Greizer Straße/Stadtilmer Weg
Berlin
Jahr der Fertigstellung: 1993
Auftraggeber: DeGeWo
Photo: DeGeWo Berlin
Presseberichte:
Berliner Morgenpost vom 20.März 2001
"Perfekte Illusion"
Die Spur der Wandbilder, Serie (Teil 9): Klassische Fassade verschönt 60er-Jahre-Haus
Von Christian John
Marienfelde - „Da stimmt doch was nicht." Je später uns dieser Gedanke in den Kopf schießt, desto größer ist der Triumph des Künstlers. Fassadenmaler Gert Neuhaus ist ein Täuscher, er hält uns zum Narren. Vorsicht ist also angebracht, wenn man sein 1993 entstandenes Wandbild am Stadtilmer Weg in Marienfelde besichtigt. Was echt, was Illusion ist, zeigt erst der zweite Blick.
„Meine Werke passe ich stets den örtlichen Gegebenheiten an", betont Neuhaus. Als er von der Wohnungsbaugesellschaft Degewo den Auftrag erhielt, das Eckgrundstück Stadtilmer Weg und Greizer Straße mit einem Wandbild zu schmücken, stand er vor einer schweren Aufgabe: Wie gestaltet man auf künstlerisch pfiffige Weise eintönige 60er-Jahre-Wohnhäuser?
Der Architekturliebhaber wusste Rat und malte, unterstützt von seinem Sohn Daniel, klassische Fassaden auf die beiden Brandmauern - jedoch perspektivisch verschoben. Optisch entsteht der Eindruck, als würden einige der mit Stuck und Säulen verzierten Fenster sanft nach hinten wegkippen. Nicht umsonst genießt Neuhaus den Ruf, ein „Meister der Perspektive" zu sein. Hier in Marienfelde gestaltete er einen wehmütigen Abschied von der Gründerzeit, vollzogen im Angesicht gesichtsloser Massenarchitektur. Heute ist „Stuck - passe", so dann auch der treffende Titel des Wandgemäldes.
Es sind stets kleine Details, mit denen der Wilmersdorfer Künstler demonstriert, dass er den Schalk im Nacken hat. Seine große Liebe gilt dem Surrealisten Rene Magritte, der die Wirklichkeit pointiert verfremdete. Ganz in der Tradition des großen Vorbilds pinselte Neuhaus auf das Waschhaus am Stadtilmer Weg eine kleine Treppe mit einer Tür: die perfekte Illusion. Fast möchte man die Klinke drücken, so echt erscheint der Eingang.
Auch den Schornstein, der an einer der gestalteten Brandmauern emporragt, integrierte der 62-Jährige in sein Kunstwerk. Auf ihm turnen zwei Gestalten. „Meine Frau Christianne hat mich von unten fotografiert. Davon haben wir Schablonen hergestellt und die dann montiert" grinst der Maler über den doppelten Neuhaus auf dem Dach.
Wenn es nach Gert Neuhaus ginge - er würde uns unablässig in die Irre führen. „Wandbildprojekte sind rar geworden", bedauert der Künstler. Zuletzt bemalte er in Frankfurt am Main einen großen Kinopalast. In Berlin hat er nur einen großen Auftrag in der Tasche: Am Anhalter Bahnhof soll ein großes Hotel entstehen.'„Die haben ein Bild von mir geordert. Aber erst muss das Gebäude stehen. Und das dauert noch."